Aufregend, anspruchsvoll, vielseitig: Die beiden Outdoor-Sportarten Canyoning und Coasteering bekommen immer mehr Fans. Wir haben das Ganze mal getestet.
Uff, ist das hoch. Ich sitze in einer Art natürlicher Felskuhle, die Beine leicht angewinkelt, die Arme über der Brust gekreuzt. Und gucke in ein 12 Meter tiefes Loch, das sich in den Felsen gegraben hat. Dank der beiden Neoprenjacken ist zwischen mir und dem 7 Grad kalten Soča mittlerweile 9 Millimeter Stoff. Hinter mir stehen Jas und Kim aus San Francisco, vor mir, im Loch, schwimmt Fabi und lacht ein bisschen irre.
Das passiert irgendwie von ganz allein beim Canyoning: es macht so viel Spaß dass man nach 10 min Rutschen, Springen und Klettern anfängt, ein bisschen irre zu lachen. Wir sind in Slowenien, westlich des Triglav Nationalparks, in Bovec. Unser Guide Mitja steht oben, am Rande eines natürlichen Wasserbeckens und bedeutet mir, mich da jetzt hinuntergleiten zu lassen. Okay, durchatmen, Augen zu, rutschen.
Entlang des Soča Tals in Slowenien gibt es mehr als 100 Schluchten – Canyons – durch die man klettern, schwimmen und rutschen kann. Für nicht-professionelle Canyoner werden hier überall Touren mit Guides angeboten, die den Besuchern Technik und Sicherheitsvorkehrungen erklären.
Zeichensprache beim Canyoning
Um sich in der Schlucht miteinander verständigen zu können, nutzt man eine Zeichensprache. Diese wird vom ersten in der Schlucht bis zum letzten Canyoner weitergegeben. So weiß jeder auch trotz tosendem Wasser und unterschiedlichem Tempo, wie man sich in der Schlucht bewegen muss.
Wir sind heute in der Sušec Schlucht, die – so Mitja – zwar weniger lang und schwierig ist, aber mehr Spaß macht als andere Schluchten. Und als ich mich in das Loch vor mir fallen lasse und in das kalte, glasklare Wasser tauche, muss ich ihm recht geben.
Überall sind natürliche, von weinroten und grünen Algen bewachsene Felsrutschen, Felsstufen und Seile an steilen Steinwänden und ich muss innerlich fast quietschen vor Freude. Da traue ich mich plötzlich auch, vom neun Meter hohen Felsen ins Wasser zu springen, mich am Wasserfall hinabzuseilen und in ziemlich kleine Wasserlöcher fallen zu lassen.
In Slowenien beginnt die Saison im April und endet im Oktober, erklärt Taja, die in einem dicken Wintermantel neben den aufgereihten Neoprenanzügen und knallroten Sicherheitswesten im Büro von Sport Mix sitzt. Dann, wenn Regen und Schnee die Flüsse anschwellen lassen, werden die Canyons unbegehbar und das Wasser zu kalt. Wir sind also Anfang Oktober gerade noch rechtzeitig hier und haben Glück, dass noch einige Anbieter geöffnet sind.
Vorhin, gegen halb zehn am Morgen, hat uns Mitja mit dem Bus an die Schlucht gefahren und wir sind erst einmal den Canyon hochgelaufen, gute 70 Höhenmeter. Genau diese rutschen, springen und klettern wir jetzt wieder hinunter.
Mitja kennt die Sušec-Schlucht wie seine Westentasche. Schon hunderte Male durchkletterte er sie, lernte, sich energiesparend und sicher in ihr zu bewegen. Er weiß, wie tief das Wasser der Becken ist, wie man sich am besten abseilt oder wo Gefahren vermieden werden sollten. Wenn das Wasser nur hüfthoch ist, rutschen wir mit angewinkelten Armen hinein, denn die Unterarme federn unser Tempo beim Aufeinandertreffen mit der Wasseroberfläche ab. Ist das Wasser dagegen tief genug, überkreuzen wir die Arme vor der Brust.
An fest installierten Seilen kraxeln eine glatte Felswand hinunter, über uns steht starr eine massive Steinbrücke aus dem ersten Weltkrieg. In ruhigeren Passagen mit technisch weniger schwierigen Abschnitten fällt uns plötzlich auf, wie wunderschön es ist, ganz allein in dieser spektakulären Natur zu sein. Und eben durch die verschiedenen Techniken und die Anpassung an den Canyon und seine Begebenheiten ist man dieser Natur ganz nah. Und begreift, dass man nur sicher hindurch kommt, wenn man sie beobachtet und lernt.
Der krönende Abschluss der Tour ist ein Wasserfall, der wieder etwas mehr als 12 Meter hoch ist. Mitja seilt uns gute 7 Meter ab, der Rest ist freier Fall. Nach rund 1,5 Stunden in der Schlucht sind wir unglaublich happy und bis zum Hals voll mit Endorphinen.
Alle wichtigen Infos zu Canyoning
Canyoning bezeichnet das Durchqueren einer Schlucht, durch wandern, klettern, springen, abseilen, schwimmen und rutschen. Meistens befinden sich Canyons in abgelegenen Gegenden. Besonders gut eignen sich die vielfältig geformten Schluchten mit Wasserfällen, spektakulären Felswänden, ineinander fließende Wasserbecken und natürliche Felsrutschen. Zur Ausrüstung gehören – je nach Temperatur – Neoprenanzüge mit Kaputze, festes Schuhwerk oder Neoprenschuhe, Kletterausrüstung mit Seilen und Karabinerhaken, Helm, Neoprenhandschuhe und ein Rutschschutz.
Man kann fast überall auf der Welt Canyoning machen: In Asien etwa in Indonesien, Japan oder Taiwan, in Europa zum Beispiel in Großbritannien, der Schweiz, Italien, Spanien, Österreich, und Slowenien, natürlich in den US-amerikanischen Staaten wie Colorado, aber auch in der Sierra Nevada oder in den Rocky Mountains. Aber auch in Australien oder Neuseeland finden sich beste Bedingungen für Canyoning.
Der Kostenfaktor ist sehr unterschiedlich: Von 45 Euro in Slowenien zu 150 Euro in Italien und 250 Euro in Neuseeland ist alles dabei. Die Preise orientieren sich dabei auch an Dauer und Schwierigkeitsgrad der Tour.
Coasteering in Cornwall
Unter meinen Füßen sind raue, hellgraue Felsen. Gelbe Flechten wachsen auf ihnen und passen farblich hervorragend zu meinem T-Shirt. “Spring!” ruft Nick, der Guide.
Wir sind vor rund einer Stunde in Lusty Beach, Cornwall, aufgebrochen und bewegen uns Richtung Blowhole auf Porth Island. Heute ist zum Glück wenig Wellengang. Nur dann kann man diese Route nehmen. Gerade kommen wir aus der “Crab Alley” – eine Höhle, in der eigentlich keine Krabben zu sehen sind, dafür aber wunderbar blau-türkises Wasser.
Ich springe. Das kühle Wasser der Keltischen See füllt meine Ohren. Als ich wieder auftauche, kann ich nicht weit entfernt die Insel sehen. Wir schwimmen mit weiten Schwimmzügen hinüber. Ein großer Riss in den Felsen soll uns dann auf Porth Island in die Kammer des Blowholes führen. Aufregend! I
65 Pfund kostet es, mit Nick und den anderen an der Küste Cornwalls entlang zu kraxeln. Mit dem Bare Feet Costeer Team hat man in Newquay einen lokalen Ansprechpartner und Guides, die die Besonderheiten der Felsen kennen. Für das Geld bekommt man einen Heidenspaß, neue Spontan-Freunde und ein warmes Glücksgefühl im Bauch. Wir finden unseren Weg in das Blasloch und klettern hinein. Immer der Sonne entgegen erreichen wir durch spritzendes Weißwasser hindurch den Ausgang des Loches und werden durch welliges Wasser hinausgespült. Und dann dürfen wir springen: von kleinen Felsen bis hin zu 10 Meter hohen Klippen. Und nachdem ich mich mittlerweile schon fast überall hinuntergestürzt habe, schaffe ich jetzt auch das noch.
In meinem Kopf entstehen schon die Ideen für die nächsten Reiseziele, um meine Canyoning und Coasteering-Kenntnisse zu erweitern. Nächster Stopp: Indonesien!
Coasteering ist dem Canyoning ziemlich ähnlich, allerdings kraxelt man keine Schluchten entlang, sondern Küsten. Zu den Fortbewegungsmöglichkeiten gehören Schwimmen, Klettern, durch Schluchten Wandern, Kriechen, Springen und Tauchen. Man trifft auf Wellen, Wind, Wasser, Felsen, Höhlen und Felslöcher gleichzeitig. Eigentlich gehen die Menschen schon seit 1973 “coasteeren”, aber erst seit wenigen Jahren wird der Begriff auch außerhalb Großbritanniens verwendet.
Zur Ausrüstung gehören neben Neoprenanzug, Schutzkleidung, Handschuhen und Helme, auch Schuhe, mit denen man über scharfe Steine laufen kann und eine Schwimmweste. Für Coasteering benötigt man neben einer spannenden Küste auch erfahrene Küstenführer. Solche Coasteering Guides gibt es bisher Großbritannien, Neuseeland, Madeira, Griechenland, Mallorca, Kaş (Türkei), Balearen und Azoren, Capetown (Südafrika) oder Australien. Da die Trendsportart ohne Guide gefährlich ist, sollte man auch nur in diese Länder zum Coasteering reisen.
Dieser Artikel wird auch in unserem neuen Rastlos Magazin erscheinen. Das Print-Heft könnt ihr überall im Zeitschriftenhandel erwerben, oder online bestellen.
Romantische Herbsttrips
ins
Landvergnügen
Bei der Ernte dabei sein und buntgefärbte Wälder
genießen: Der Herbst ist eine
hervorragende Zeit für eine Wohnmobiltour
ins Landvergnügen
20 Tage, ein Regenschauer und eine kleine Autopanne. Auf dem Weg nach und durch Schottland legen Lena und Sven fast 4.000 km zurück. Und alles in einem 36 Jahre alten VW Bus. Das ist ihre Geschichte.
Aufregend, anspruchsvoll, vielseitig: Die beiden Outdoor-Sportarten Canyoning und Coasteering bekommen immer mehr Fans. Wir haben das Ganze mal getestet.
Error: No feed found.
Please go to the Instagram Feed settings page to create a feed.